Der Strukturwandel verändert die Arbeitswelt. Eine Folge ist, dass sich auch der Ausbildungsmarkt ändern muss, um zukünftige Fachkräftebedarfe zu sichern. Auf dem Ausbildungsmarkt zeigt sich jedoch, dass Angebot und Nachfrage nicht immer zusammenpassen. Wie kommt es zu diesem Mismatch und wie kann man gegensteuern?
Der Fachkräftemangel in Mitteldeutschland ist in aller Munde. Eine zentrale Säule, um Fachkräfte zu sichern, ist die Ausbildung. Gerade am Ausbildungsmarkt wird jedoch in den letzten Jahren verstärkt ein Passungsproblem, ein sogenannter Mismatch, sichtbar: Auf der einen Seite gibt es viele unbesetzte Lehrstellen. Auf der anderen Seite bleiben zahlreiche Jugendliche ohne Ausbildungsplatz. Hinzu kommt, dass viele Auszubildende ihre Lehre abbrechen. So lag die Vertragslösungsquote für das Mitteldeutsche Revier im Jahr 2020 zwischen 28,2 % (Stadt Leipzig) und 33,4 % (Landkreis Mansfeld-Südharz), d. h. jede dritte begonnene Ausbildung wurde nicht beendet.
Der Strukturwandel mit seinen Facetten Dekarbonisierung, demografischer Wandel und Digitalisierung verstärkt die angespannte Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Insbesondere die demografische Entwicklung hin zu einem Bevölkerungsrückgang führt dazu, dass sich die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber reduziert – ein Grund, weshalb es immer schwieriger wird, Lehrstellen zu besetzen. Dekarbonisierung und Digitalisierung haben hingegen zur Folge, dass in der Ausbildung neue Kompetenzen und Technologien vermittelt werden müssen, um Auszubildende entsprechend wirtschaftlicher Bedarfe zu qualifizieren.
Um die Passung auf dem Ausbildungsmarkt erfolgreich zu gestalten, sollte der Übergang von der Schule zum Beruf besonders in den Blick genommen werden. Wie kann es gelingen, Fachkräfte für wirtschaftlich notwenige Bedarfe auszubilden und zugleich Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen, die ihren individuellen Vorstellungen und Wünschen entspricht? Ein wichtiges Instrument, um Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt aufeinander abzustimmen, ist die Berufsorientierung. Als Netzwerkbüro BiSMit widmen wir uns aktuell dem Thema Berufsorientierung mit einer umfassenden Studie.
Wir richten mit unserer Studie den Fokus auf die Berufsorientierungslandschaft des Mitteldeutschen Reviers, also einer Region, die sich über die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erstreckt. In dieser Region führen wir qualitative Interviews mit Expertinnen und Experten, die in der Berufsorientierung aktiv sind, beispielsweise mit Verantwortlichen der Bundesagentur für Arbeit, der Kammern und Gewerkschaften. Dabei werden städtisch und ländlich geprägte Kommunen der drei Bundesländer berücksichtigt.
Wir möchten von den Expertinnen und Experten erfahren, welche Änderungen sie in der Arbeitswelt erkennen und welche Herausforderungen für die Berufsorientierung angesichts der gesellschaftlichen Transformation bestehen. Weiterhin fragen wir nach den Ansprüchen der heranwachsenden Generation sowie nach Optimierungspotenzialen und konkreten Handlungsmöglichkeiten.
Bezüglich der Nachfrageseite von Berufsorientierung planen wir eine Online-Befragung von Jugendlichen aus Abschlussklassen weiterführender Schulen in allen drei Bundesländern. Wir möchten beispielsweise von ihnen erfahren, wie sie sich auf Berufswahl und Karriereplanung vorbereitet fühlen, ob und wie sie sich das zukünftige Leben in ihrer Region vorstellen können oder welche Informationsangebote sie zur Berufsorientierung nutzen.
Wir haben bereits die Interviews mit Expertinnen und Experten geführt. Am 8. November 2023 stellen wir in einer Online-Veranstaltung erste Befunde unserer Arbeit vor. Die Befragung der Jugendlichen ist für die erste Hälfte 2024 geplant. Anschließend werden die Ergebnisse ausgewertet, präsentiert und veröffentlicht.