In der Podiumsdiskussion griffen unsere Gäste die genannten Thesen auf und gaben Einblicke in ihre praktische Arbeit.
Abgestimmtes Handeln ist die Grundlage für einen gelingenden Bildungsübergang. Der Übergang Schule – Beruf ist durch eine enorme Vielzahl an Akteuren gekennzeichnet. Nur mit guter Abstimmung lässt sich dieser Bildungsübergang erfolgreich gestalten.
Annett Jakob, Leiterin der Koordinierungsstelle Berufs- und Studienorientierung der Stadt Leipzig, beschrieb zahlreiche Aktivitäten, die Schülerinnen und Schüler, aber auch Eltern unterstützen, sich in der mitunter überfordernden Vielfalt von Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten zurechtzufinden. So ermöglichen Kooperationen zwischen Schule und Wirtschaft Praxislerntage und am Beruf orientierten Unterricht. Auch erlebnisorientierte Angebote wie die Leipziger Nacht der Ausbildung geben Einblicke ins Berufsleben. Spezielle Beratungsveranstaltungen und Informationsmaterialien richten sich – auch mehrsprachig – an Eltern. Speed-Dating-Runden zwischen Lehrkräften und Unternehmen helfen, jeweilige Bedarfe abzustimmen. Unternehmen können ihre Berufsorientierungsangebote in einer Datenbank angeben, auf die wiederum Schulen zurückgreifen. Außerdem findet eine enge Zusammenarbeit mit den Leipziger Partnern der beruflichen Orientierung statt und die Verantwortlichen aller sächsischen Koordinierungsstellen sind permanent im Austausch, um die zunehmende Komplexität von Berufsbildern in ihren Angeboten sichtbarer zu machen und damit Angebot und Nachfrage besser aufeinander abzustimmen.
Als Vertreter des Modellprojekts Praxislerntage am Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt unterstrich Mathias Kanigowski die Notwendigkeit, beim Thema Berufsorientierung auf Augenhöhe zu kommunizieren. Nur so kann man den Erwartungen von Auszubildenden, aber auch von Unternehmen gerecht werden. Um diese Kommunikation zu fördern, setzt auch Sachsen-Anhalt stark auf Praxislerntage. Und das Lernen erfolgt tatsächlich auf beiden Seiten: Schülerinnen und Schüler sammeln praktische Erfahrungen und können sich ausprobieren; Unternehmen werden umtriebiger, um auf Jugendliche zuzugehen, sie bieten beispielsweise Bewerbungstrainings an oder vergeben Ausbildungsgutscheine. Die Praxislerntage haben das Ziel, duales Lernen zu fördern.
Fabian Pfister, Referent für Jugend, Bildung und Berufliche Bildung beim DGB Sachsen-Anhalt, unterstützte die These, dass die Dekarbonisierung bisher keine signifikante Auswirkung auf die Berufsorientierungslandschaft hat. Es bestehe jedoch die Notwendigkeit, genau zu prüfen, ob Ausbildungsberufe modernisiert und angepasst werden sollten. Hierfür gilt es, gesetzliche Regelungen zu beachten, aber auch Spielräume und Zusatzqualifikationen von Betrieben zu nutzen. Aspekte der Digitalisierung, des demografischen Wandels und der Dekarbonisierung sollten bereits in der Berufsorientierung seitens allgemeinbildender Schulen aufgegriffen werden.
Die fehlende kontinuierliche Datenlage für den Übergang Schule – Beruf bildet eine steuerungspolitische Leerstelle. Es wäre notwendig, so Pfister, diese Leerstelle zu füllen, um belastbare und transparente Standards zur Berufsorientierung an allen Schulformen in Sachsen-Anhalt zu schaffen, sozialer Ungleichheit entgegenzuwirken und Zugangschancen zum Ausbildungsmarkt für Jugendliche ohne oder mit niedrigeren Bildungsabschlüssen zu verbessern. Außerdem betonte Fabian Pfister, dass Berufsorientierung oft die Perspektive der Jugendlichen und ihrer Lebenswelt zugunsten einer reinen Arbeitsmarktorientierung vernachlässige. Langfristig müsse über ein eigenes Schulfach zur Lebenswelt und Berufsorientierung nachgedacht werden. Externe Akteure, beispielsweise aus Sozialpartnerschaften und Institutionen der Arbeitsförderung, könnten in dieses Schulfach unterstützend eingebunden werden.
Wir danken unseren Podiumsgästen für die lebhafte Diskussion und ihre Anregungen für unsere weitere Arbeit!