Aktuell stagniert die Bevölkerungszahl des Mitteldeutschen Reviers. Die genauere Betrachtung zeigt jedoch, dass die demografische Entwicklung innerhalb des Reviers heterogen ist. In den kreisfreien Städten Leipzig und Halle (Saale) sind Zuwächse zu verzeichnen. Umliegende Landkreise profitieren von einem Sub-Urbanisierungstrend. Die Landkreise an den Rändern des Reviers müssen sich stärker mit den Folgen des Bevölkerungsverlustes auseinandersetzen. Überalterung und die Folgen des Geburtenknicks in den 1990er-Jahren sind bereits im ländlichen Raum spürbar.
Die relative Bevölkerungsentwicklung des Mitteldeutschen Reviers ist positiv. Seit der Volkszählung durch den Zensus im Jahr 2011 wächst die Bevölkerung bis 2020 um 40.000 Menschen auf etwas mehr als 2 Millionen. Zwischen 2014 und 2017 lässt sich ein deutlicher Bevölkerungsanstieg verzeichnen. Ursache ist vermutlich die Zuwanderung im Kontext von Flucht und Migration. Seit 2017 sinkt die Bevölkerungszahl schrittweise in fast allen Revierkommunen außer in der Stadt Leipzig. Die stabile Bevölkerungsentwicklung des Reviers ist auf die Städte Leipzig und Halle (Saale) zurückzuführen. Besonders dynamisch entwickelt sich die Stadt Leipzig. Sie war 2019 die am stärksten wachsende Großstadt in Deutschland.
Dagegen zeigen sich in den Landkreisen die Spuren des demografischen Wandels deutlich. Die Bevölkerungsverluste verlaufen unterschiedlich, erkennbar sind drei Gruppen, die sich unter anderem durch ihre räumliche Nähe bzw. Entfernung zu den Städten Leipzig und Halle (Saale) ergeben.
Landkreis Leipzig und Nordsachsen
Die beiden sächsischen Kommunen umschließen Leipzig im Norden, Osten und Süden. Ihre Entwicklungskurven sind nahezu identisch. Sie verzeichnen Bevölkerungsverluste, allerdings weniger als die anderen Landkreise. Seit 2018 können sie sogar leichte Zuwächse verzeichnen. Besonders auffällig ist der positive Trend seit dem Jahr 2019. Die Kommunen profitieren von der Zuwanderung in die Vororte um die Stadt Leipzig.
Saalekreis und Burgenlandkreis
Der Saalekreis umschließt die Stadt Halle (Saale) und verbindet Halle und Leipzig. Auch hier ist das Zuzugspotenzial ins städtische Umfeld gegeben. An den südwestlichen Zipfel der Stadt Leipzig grenzt der Burgenlandkreis an. Er weist seit 2017 eine negative Bevölkerungsentwicklung auf. Das Sub-Urbanisierungspotenzial ist hier geringer.
Anhalt-Bitterfeld, Altenburger-Land und Mansfeld-Südharz
Die drei Landkreise bilden die Außenränder des Reviers und sind am weitesten von Leipzig und Halle (Saale) entfernt. Ihre Bevölkerungsverluste liegen seit 2011 deutlich über 5 %.
Die Städte Leipzig und Halle (Saale) haben eine große Anziehungskraft innerhalb des Reviers. Von Sub-Urbanisierung profitieren nur die Landkreise, die direkt an die Städte angrenzen. Kommunen, die in größerer Entfernung zum städtischen Zentrum des Reviers liegen, sind stärker von den Folgen des demografischen Wandels betroffen.
Die Altersstruktur der Bevölkerung zeigt eine gegensätzliche Entwicklung in den Landkreisen und kreisfreien Städten des Reviers: In den Landkreisen überwiegt der Anteil an Menschen über dem 40. Lebensjahr deutlich. In den Städten Leipzig und Halle (Saale) bildet die Altersgruppe der Menschen zwischen Anfang 20 und Anfang 30 den größten Anteil an der Gesamtbevölkerung.
Die Entwicklung in Leipzig und Halle (Halle) steht in engem Bezug zum Alter von Ausbildungs- und Studienverlauf. Beide Städte bieten eine breite Hochschullandschaft. Sie ziehen viele Studierende aus den umliegenden Landkreisen sowie weiter entfernten Regionen an. Dies hat unter anderem zur Folge, dass der Anteil jüngerer Menschen im ländlichen Raum wesentlich niedriger ist. Junge Menschen sind im ländlichen Raum stärker als in urbanen Zentren mit einer durch Überalterung geprägten Lebenswelt konfrontiert.
Auffällig ist der geringe Anteil an unter 18-Jährigen in allen Revierkommunen. Besonders klein ist die Altersgruppe der 10- bis 18-Jährigen. Ursache ist der Geburtenknick in den ostdeutschen Bundesländern in den 1990er-Jahren. Der Zeitverlauf macht deutlich, welche Auswirkung die Wanderung der Generation des Geburtenknicks für den ländlichen Raum hat. 2020 liegt der Anteil der 24- bis 28-Jährigen in allen Landkreisen unter 0,6 % der Gesamtbevölkerung. Das unterschreitet sogar den Anteil der über 70-Jährigen.
Im Betrachtungsjahr 2020 zeigt sich auch in den Städten ein deutlich niedrigerer Anteil der Anfang 20- bis Mitte 30-Jährigen. Dies bietet eine Erklärung für das Defizit an Auszubildenden und Fachkräften in der regionalen Wirtschaft. Aufgrund des niedrigen Anteils jüngerer Menschen fehlt dem Revier ein Anteil einer fertilen Gruppe. Voraussichtliche Folge wird ein wiederkehrender Geburtenknick sein.
Die Altersgruppe der 10- bis 16-Jährigen, also der Fachkräfte von morgen, verändert sich laut Bevölkerungsvorausberechnung bis 2025 in allen Revierkommunen positiv. Ursache sind steigende Geburtenzahlen in den letzten Jahren. Leipzig erwartet besonders starke Zuwächse.
Ab 2030 wird die Zahl der 10- bis 16-Jährigen schrumpfen – weniger stark in Leipzig als in allen anderen Kommunen. Je weiter die Kommune von urbanen Zentren entfernt ist, desto stärker wird sie von diesem demografischen Trend betroffen sein.