Die Hochschulen im Mitteldeutschen Revier werden zunehmend für internationale Studierende interessant. Insbesondere die günstigen Lebenshaltungskosten und das attraktive Studienangebot locken Studieninteressierte in die Region. Doch wie entwickeln sich die Studierendenzahlen und wer möchte nach dem Abschluss in Deutschland bleiben?
Internationale Studierende sind Personen, die mit einer ausländischen Hochschulzugangsberechtigung und einer ausländischen Nationalität an deutsche Hochschulen kommen, um einen Studienabschluss zu erlangen. Sie sind in den letzten Jahren im Zuge des Fachkräftemangels zunehmend in den Fokus der Migrations- und Bildungspolitik gerückt. In der Fachkräftestrategie der Bundesregierung (2022) steht beispielsweise:
„[Es] müssen mehr Eingewanderte für eine Berufsausbildung oder ein Studium in Deutschland gewonnen und ihr Bleiben nach deren Abschluss erleichtert werden. Internationale Studierende sind für den deutschen Arbeitsmarkt besonders attraktiv, weil sie bereits mit vielen Kompetenzen nach Deutschland kommen und hier während des Studiums zusätzliche, für den deutschen Arbeitsmarkt wichtige Kompetenzen erwerben.“
Internationale Studierende gelten folglich als Idealeinwanderer, weil sie einen deutschen Abschluss erwerben und durch das Studium bereits sozial, fachlich und sprachlich integriert sind. Darüber hinaus haben sie oft bereits während des Studiums erste Arbeitserfahrungen gesammelt.
Für Deutschland zeigt sich seit Jahren ein Anstieg der Zahlen internationaler Studierender. Auch die Hochschulen im Mitteldeutschen Revier werden für Studierende aus dem Ausland immer attraktiver. Die Zahl der Studierenden, die eine Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erlangt haben (deutsche oder ausländische Nationalität), steigt an den Hochschulstandorten im Mitteldeutschen Revier seit Jahren an (siehe Grafik 1). Darüber hinaus steigt der Anteil der Studierenden mit einer ausländischen Hochschulzugangsberechtigung an der Gesamtstudierendenzahl (siehe Grafik 2). Beispielsweise hatten elf Prozent aller Studierenden in Leipzig (Stadt) eine ausländische Hochschulzugangsberechtigung. Auffällig ist, dass in Anhalt-Bitterfeld die absolute Zahl der Studierenden mit deutscher Hochschulzugangsberechtigung sinkt, während die Zahl der internationalen Studierenden insgesamt gestiegen ist. So ergibt sich für das Wintersemester 2020/2021 ein verhältnismäßig hoher Anteil an internationalen Studierenden in diesem Landkreis (siehe Grafik 2). Auch die Corona-Pandemie könnte an einzelnen Universitäten zu einem Anstieg der relativen Studierendenzahlen geführt haben. Insbesondere bei internationalen Studierenden kam es häufig zu einer Verlängerung des Studiums und einer erhöhten Zahl an (weiterhin) eingeschriebenen Studierenden.
Darüber hinaus lässt sich auswerten, welche Fächergruppen von Studierenden ausländischer Nationalität an den Hochschulstandorten des Mitteldeutschen Reviers häufig gewählt werden. Generell zeigt sich, dass Studierende mit einer ausländischen Nationalität häufiger in MINT-Fächern, das heißt in den Ingenieurwissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften, eingeschrieben sind. Zwar fallen unter Studierende mit ausländischer Nationalität auch Personen, die eine Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erlangt haben, also beispielsweise als geflüchtete Minderjährige nach Deutschland gekommen sind. Jedoch spiegelt sich auch in deutschlandweiten Daten wider, dass Studierende mit ausländischer Nationalität und ausländischer Hochschulzugangsberechtigung häufiger in MINT-Fächern eingeschrieben sind. Personen mit ausländischer Nationalität sind also auch im Mitteldeutschen Revier eine relevante Gruppe zur Minderung des Fachkräftemangels.
Im Zuge der Fachkräftedebatte ist relevant, wer überhaupt plant, nach dem Studium in Deutschland zu bleiben. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) hat dazu im Rahmen der Studie „Benchmark Internationale Hochschule“ (BintHo) im Wintersemester 2020/21 über 10.000 internationale Studierende an ausgewählten deutschen Hochschulen befragt. Die Daten aus der BintHo-Studie bilden zwar keine revierbezogene Perspektive ab, geben aber einen ersten Einblick in die Zukunftspläne von internationalen Studierenden an Hochschulen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen im Vergleich zu internationalen Studierenden an Hochschulen in anderen deutschen Bundesländern. Die Auswertungen beziehen sich auf Studierende mit einer ausländischen Hochschulzugangsberechtigung und Nationalität, die in Deutschland einen Abschluss anstreben.
Die Ergebnisse in Grafik 4 zeigen, dass Studierende im Bachelor- und Promotionsstudium an Hochschulen in Sachsen (SN), Sachsen-Anhalt (ST) und Thüringen (TH) etwas häufiger während des Studiums planen, in Deutschland zu bleiben, als Studierende an Hochschulen in anderen deutschen Bundesländern. Bei den Masterstudierenden zeigen sich keine relevanten Unterschiede.
Die Studierenden, die einen Aufenthalt nach dem Abschluss planen, wurden zusätzlich nach der gewünschten Verbleibsdauer gefragt (Grafik 5). Im deutschlandweiten Vergleich planen Bachelorstudierende an Hochschulen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen seltener einen Aufenthalt von fünf Jahren und mehr. Bei Master- und Promotionsstudierenden zeigen sich keine relevanten Unterschiede zwischen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und den übrigen Bundesländern.
Erfreulich ist, dass generell mindestens die Hälfte aller internationaler Studierender nach dem Abschluss in Deutschland bleiben möchte – etwa ein Drittel davon sogar langfristig.
Einschränkend muss zur Interpretation der Ergebnisse angemerkt werden, dass nur wenige Studierende im Bachelor- und Promotionsstudium an Hochschulen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an der BintHo-Befragung teilgenommen haben. Die Ergebnisse wären bei einer größeren oder anderen Stichprobe womöglich anders ausgefallen. Umfassende amtliche Statistiken zum Verbleib von internationalen Studierenden gibt es bisher noch nicht. Darüber hinaus bleibt offen, ob die internationalen Studierenden planen, die Hochschulregion zu verlassen.
Theresa Thies