Den demografischen Wandel aktiv gestalten

Der demografische Wandel verändert unsere Gesellschaft. In Kommunen im ländlichen Raum zeigt sich das besonders deutlich durch den Rückgang der Bevölkerungszahlen und eine älter werdende Gesellschaft. Veränderungen bieten aber auch Chancen. Der Burgenlandkreis zeigt, wie man den demografischen Wandel mit kommunalen Bildungsangeboten aktiv gestalten kann.

Die Menschen vor Ort einbeziehen

Partizipation ist ein wichtiger Bestandteil von Planungsprozessen. Im Burgenlandkreis wurden bildungsbezogene Bauvorhaben durch Beteiligungsformate begleitet. Auch bei der Planung des Bildungszentrums Weißenfels fand ein öffentliches Beteiligungsverfahren statt.

Strukturwandel umfasst mehr Dimensionen als nur den Kohleausstieg. Viele Kommunen im Mitteldeutschen Revier – und auch darüber hinaus – erleben bereits seit Jahren einen sich immer stärker abzeichnenden sozio-demografischen Prozess und dessen Auswirkungen:  den demografischen Wandel.

Bestimmend dafür sind drei Faktoren: eine negative natürliche Bevölkerungsentwicklung, resultierend aus weniger Geburten als Sterbefällen, eine gestiegene Lebenserwartung und damit einhergehend eine sichtbar älter werdende Gesellschaft und schließlich der negative bis stagnierende Wanderungssaldo im ländlichen Raum. Die wirtschaftlichen Effekte des demografischen Wandels wie fehlende Arbeits- und Fachkräfte, ein hoher Bedarf an Pflegepersonal sowie eine sich verändernde Auslastung der kommunalen Infrastruktur sind zu flächendeckenden Herausforderungen gewachsen.

Wie Kommunen im Rahmen des kommunalen Bildungsmanagements eine starke Rolle bei der Bewältigung von Herausforderungen des demografischen Wandels einnehmen können, zeigt der Burgenlandkreis. In einer Session zur Mitteldeutschen Bildungskonferenz 2022 stellten Damaris Berger, Leiterin des Bildungsbüros und Robert Aßmann, Sozialdezernent, Handlungsansätze vor, wie sie als Landkreis die Bildungslandschaft aktiv gestalten.

 

Potenziale nutzen

Im ländlichen Raum leben immer mehr Menschen höheren Alters. Menschen, die mehr Zeit haben, zum Beispiel für ehrenamtliche Tätigkeiten. Im Rahmen des Projekts „Hauptamt stärkt Ehrenamt“ wurde eine Ehrenamtskoordination für den Landkreis aufgebaut, unter anderem mit Beratungsangeboten und Fortbildungen. Eine zusätzliche Rabattkarte für Ehrenamtliche unterstreicht die Wertschätzung des gesellschaftlichen Beitrags durch den Landkreis.

Wie kann man Potenziale angesichts des Arbeits- und Fachkräftemangels besser ausschöpfen? Zum Beispiel indem man schwächere Schülerinnen und Schüler, denen der Berufseinstieg schwerer fällt, mehr fördert. Mit dem geplanten Bau des Schulcampus Naumburg sollen eine Sekundarschule und eine Förderschule im Förderschwerpunkt Lernen in einem Gebäude vereint werden. Zudem wird eine Außenstelle der berufsbildenden Schule auf dem Campusgelände entstehen. Durch die räumliche Nähe der Schulformen werden sich nicht nur bessere Chancen zum Erreichen eines Schulabschlusses ergeben, sondern auch kurze Wege für berufspraktische Erprobungen. Mit dem Landesprojekt „Örtliches Teilhabemanagement“ hat der Burgenlandkreis außerdem die Möglichkeit, weitere kommunale Teilhabeprojekte zu koordinieren und zu fördern.

 

Berufsorientierung bedarfsgerecht gestalten

In diesem Jahr konnten erstmals wieder viele Berufsinformationsmessen in Präsenz stattfinden und diese haben gezeigt, dass der direkte Kontakt zwischen jungen Menschen und Unternehmen wichtig für die Fachkräftegewinnung ist. Im Burgenlandkreis wurde bei der Neuauflage der Berufsinformationsmesse explizit darauf geachtet, dass sich auch schwächere Schülerinnen und Schüler wohlfühlen, die in großen Messe-Formaten oft „verloren gehen“. So war das Format beispielsweise deutlich übersichtlicher, mit weniger Unternehmen und festen Zeit-Slots pro Schülergruppe.

Aufgrund des demografischen Wandels steigt der Anteil pflegebedürftiger älterer Menschen gemessen an der Gesamtbevölkerung. Insbesondere im ländlichen Raum ist der Bedarf an Pflegekräften bereits jetzt hoch und er wird in den kommenden Jahren noch wachsen. Um praxisnah für Berufe im Bereich Pflege zu werben, hat der Landkreis zusammen mit einem freien Bildungsträger das Projekt „Pflege braucht Zukunft“ initiiert. Themenspezifische Seminare zum Anfassen und Exkursionen in die Pflegepraxis vermitteln den jungen Menschen die Vielfalt der Branche. Wer interessiert ist, erhält direkt Unterstützung bei der Praktikumsvermittlung.

 

Schulen für die Zukunft stärken

Mit dem Digitalpakt Schule wird seit 2019 bundesweit der Ausbau digitaler Infrastruktur an allgemeinbildenden Schulen gefördert, um diese für die Zukunft des digitalen Lernens auszurüsten. Damit die Lehrkräfte mit der neuen Technik nicht allein gelassen werden, stellt der Burgenlandkreis allen kreiseigenen Schulen eine medienpädagogische Beraterin zur Seite. Neben der gemeinsamen Auswahl geeigneter Hard- und Software bietet die Beraterin auch entsprechende Fortbildungen für Lehrkräfte an. Die Finanzierung dieses verstetigten Angebots aus kreiseigenen Mitteln zeigt, welchen besonderen Stellenwert der Ausbau digitaler Infrastruktur innerhalb der Kreisverwaltung hat. Eine Investition, die sich doppelt lohnt: Sie befördert den digitalen Unterricht sowie die aktive Nutzung der digitalen Geräte und bietet zudem eine Anlaufstelle für Rückfragen oder Problemlösungen.

Die digitale Infrastruktur gehört mittlerweile zur festen Ausstattung einer modernen Schule. Doch was zeichnet die Schule von morgen aus? Bisher werden Schulgebäude meist nur für eine Schulform genutzt und sind ab dem Nachmittag mit wenig Leben gefüllt. Durch die Landesförderung denkmalgeschützter Gebäude im Rahmen des Kohleausstiegs wird nun in Weißenfels ein Bildungscampus mit einer ganztägigen Auslastung entwickelt. Nach einer Umbauphase werden im Kloster St. Claren Klassen des Goethegymnasiums, die Kreismusikschule, die Volkshochschule sowie der Klosterverein einziehen. Damit entsteht ein ganztägig lebendiger Bildungsort im Zentrum der Stadt. Die verschiedenen Bildungsakteure können durch die räumliche Nähe profitieren und formale mit non-formalen Bildungsangeboten verknüpfen. Zudem gibt dieser flexible Bildungsort Zukunftssicherheit in der Schulentwicklungsplanung. Mehrere Bildungsakteure zu vereinen, bringt auch Herausforderungen mit sich. Damit sich später alle in den gemeinsamen Räumlichkeiten wohlfühlen, gab es mit der „Phase Null“ einen Beteiligungsprozess für die zukünftige Raumplanung. Auch die Öffentlichkeit wurde im Rahmen einer Bürgerwerkstatt in die Gestaltung einbezogen. Die dabei entwickelten Ideen flossen in ein individuelles Nutzungsdiagramm des Bildungscampus Weißenfels ein. Auch bei anderen bildungsbezogenen Bauvorhaben wie dem Bildungscampus Naumburg und dem Bildungscampus Zeitz wurden Partizipationsprozesse allen Planungsausführungen vorgelagert. Erreichen möchte man damit zeitgemäße Bildungsbauten, die den Bedürfnissen der Nutzenden entsprechen und für die Zukunft Bestand haben. 

Neben zeitgemäßer schulischer Ausstattung ist auch die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen im Schulkontext wichtig. Nicht zuletzt durch den Kohleausstieg im Zuge des Klimawandels ist das Thema Nachhaltigkeit zu einem kommunalen Zukunftsthema gewachsen. So ist der Burgenlandkreis eine von bundesweit 50 Modellkommunen für „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (BNE) und möchte in Zukunft verstärkt Bildungsangebote in diesem Bereich fördern.

Eine solche Dynamik in der Bildungslandschaft bedarf eines Motors und das ist die entschlossene Haltung des Landkreises, Bildung zu fördern, allen voran durch den Landrat Götz Ulrich getragen. Mit einem Bildungsbüro, das sich mit Projekten entlang des lebensbegleitenden Lernens beschäftigt, gelingt es im Rahmen des kommunalen Bildungsmanagements die Bildungsbedarfe zu erkennen, sie mit geeigneten Maßnahmen zu unterstützen und die Prozesse zu koordinieren. So gestaltet Bildung den (demografischen) Wandel aktiv.

Wir bedanken uns bei Damaris Berger und Robert Aßmann für ihren Beitrag auf der Mitteldeutschen Bildungskonferenz 2022.

Ansprechpartnerin

Carolin Jäckel

Tel.: 0341-993923 21 E-Mail: cjaeckel@dji.de

Demografischer Wandel

Wie demografischer Wandel und Strukturwandel miteinander zusammenhängen, erfahren Sie im ersten KoBiS-Werkstattbericht.

Demografie und Arbeitsmarkt

Ausführliche Analysen und demografische Daten sowie Arbeitsmarktdaten zum Mitteldeutschen Revier finden Sie hier.

Bildungsbüro Burgenlandkreis

Das Bildungsbüro des Burgenlandkreises koordiniert alle Bildungsangebote und -aktivitäten des Landkreises.