„Tradition haben viele, wir haben Zukunft“, lautet das Motto der Bildungsstadt Braunsbedra. Juliana Alferi, Koordinatorin der Bildungsstadt sowie Fachberaterin für Kinder- und Jugendarbeit, berichtete in unserer Veranstaltung zum Kennzahlenvergleich, wie man Bildungsarbeit in einer Gemeinde voranbringen kann. Diese Bildungsarbeit trägt dazu bei, den Strukturwandel in der Region mitzugestalten.
Braunsbedra hat sich in den letzten Jahrzehnten komplett verwandelt. Die Stadt im Saalekreis war jahrzehntelang von Braunkohletagebauen umgeben und musste nach dem Ende des Braunkohleabbaus in den 1990er-Jahren Abwanderung und Arbeitslosigkeit verkraften. Inzwischen ist das Tagebaurestloch geflutet und renaturiert: Der Geiseltalsee entwickelt sich zum beliebten Naherholungsgebiet und Braunsbedra zum attraktiven Lebensort für junge Familien. Die Gemeinde erkannte, dass eine moderne Bildungslandschaft, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht, ein entscheidender Standortfaktor für die Region ist. Nur mit guten Bildungsangeboten kann man langfristig Fachkräfte an die Region binden und die negativen Auswirkungen demografischer Schrumpfungsprozesse, die besonders ländliche Räume im Mitteldeutschen Braunkohlerevier betreffen, auffangen.
Bereits seit 2015 wurde die „Bildungsstadt Braunsbedra“ ins Leben gerufen. Im Rahmen des Programms „Bildung integriert“ wurde außerdem in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Saalekreis in der Stadtverwaltung die Stelle einer Bildungskoordinatorin geschaffen. Juliana Alferi füllt diese Stelle seit 2019 aus.
Ziel der Bildungskoordination in Braunsbedra ist es, Bildung ganzheitlich als Zusammenspiel von Kitas, Schulen, Vereinen und Wirtschaft zu verstehen und Chancengleichheit, beginnend mit der Elementarbildung, zu gewährleisten. Datenerfassungen, die im ersten Braunsbedraer Bildungsbericht 2020 veröffentlicht wurden, zeigen, dass es große Unterschiede in der Lebens- und Lernausgangslage der Kinder gab. Um pädagogische Standards zu verbessern, wurden inzwischen in allen städtischen Kitas einheitliche Entwicklungsbögen etabliert. Sie helfen dabei, Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten, Stärken und Schwächen schnell zu erkennen und auf sie zu reagieren. Ebenso entstanden Schulkindpässe für alle Braunsbedraer Grundschulkinder.
Die Landkreise und Gemeinden im Mitteldeutschen Revier spüren seit einigen Jahren in vielen Berufen einen Fachkräftemangel, der sich in den kommenden Jahren noch verstärken wird. Für eine positive Entwicklung von Fachkräften ist die Gestaltung von Bildungsübergängen entscheidend. Sie sind Weichenstellungen für eine erfolgreiche Fachkräftesicherung. Im Fokus steht dabei oft der Übergang Schule – Beruf. Letztlich geht es darum, Jugendlichen eine Perspektive zum Bleiben aufzuzeigen. Für gelingende Bildungsbiografien ist jedoch bereits der Bildungsübergang Kita – Grundschule entscheidend. Diesem Bildungsübergang hat sich Braunsbedra in den letzten Jahren besonders intensiv gewidmet.
Um einen guten Übergang der Kinder zwischen beiden Bildungseinrichtungen zu ermöglichen, wurde der Fachzirkel „Übergang Kita – Grundschule“ geschaffen. Aktuell wirken 40 Mitglieder in verschiedenen Arbeitsgruppen mit, unter anderem Leitungen und Personal der Kitas, Lehrkräfte der Grundschule, eine Vertretung des Jugendamtes des Landkreises sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger. Im Zentrum der Arbeit steht der Austausch zwischen Kita und Grundschule. Gemeinsam entwickeln die Mitglieder des Fachzirkels Übergangskonzepte. Ziel ist eine Entwicklungsdokumentation, die mit den Entwicklungsbögen der Kitas beginnt. Das Wissen der Kita über Fähigkeiten und Bedarfslagen der Kinder soll dem pädagogischen Personal der Grundschule zur Verfügung gestellt werden und den Start in die Schullaufbahn der Kinder erleichtern. Nur durch einen kontinuierlichen Dialog aller kann etwas verändert werden. Der regelmäßige Austausch innerhalb des Fachzirkels hat bereits gute Verbindungen zwischen Kita und Grundschule aufgebaut und Raum für die Wertschätzung der jeweiligen Arbeit geschaffen.
In der Zusammenarbeit zwischen Kita und Grundschule ergeben sich in Bezug auf die inhaltliche Verantwortung immer wieder Herausforderungen. Die Gemeinde ist der sächliche Träger beider Einrichtungen, bestimmt jedoch lediglich die inhaltliche Ausrichtung der Kitas mit. Grundschulen liegen in der personellen und dementsprechenden inhaltlichen Verantwortung des Landes. Ein Runderlass definiert nur in Grundzügen das Übergangsgeschehen.
Dass sich eine Gemeinde wie Braunsbedra in dieser Tiefe dem Übergang Kita – Grundschule widmet, ist besonders. Gemeinde und Politik haben erkannt, dass man mit dem Übergang an den ersten Bildungsetappen einen wichtigen Grundstein für die Zukunft der Kinder legt und Bildungschancen an dieser Weiche mit beeinflusst werden.